#18 Yasmina Haddad

STUDIO SETTINGS II (Oliphant Backdrops, front: creamy gray, double-sided, two different textures, back: Sarah´s first comissioned backdrop from 1972 - white clouds on a perfect blue sky)

 

YASMINA HADDAD 

is a Lebanese-born artist and lecturer based in Vienna. She is the co-founder of the collective/space, school, together with Andrea Lumplecker. Yasmina´s practice reflects on photography and its violent history and often extends to different media such as sound, sculpture, and set design. The works focus on how different cultural expressions are inevitably connected and how this reciprocal impact manifests through aesthetics and the surface recalling the malaise of postmodern sensitivities. Yasmina´s essayistic dj sets call for active listening and challenge the normativity that our ears are constantly exposed to by giving rise to unheard voices, sounds and songs.

@yasminahaddad 

CH Du zeigst im  White Paper Museum  deine Bilder von  Oliphant Fotohintergründen (oliphantstudio.com) aus NY. Wer ist Frau Oliphant und was hat es mit diesen speziellen zwei Hintergründen auf sich?

YH Sarah Oliphant ist die bekannteste Backdropmalerin mit einem Studio in Brooklyn, New York,  in dem sie für unzählige Photograph*innen und Designer*innen seit den späten Siebzigern Hintergründe produziert. Sie sind in unterschiedliche Themengruppen eingeteilt und werden vermietet. Da ich die White Paper Museum Faltecke sofort als Hintergrundset wahrgenommen hatte, fand ich es sehr passend mit zwei ihrer Backdrops zu arbeiten, die ich mir während meines Fotostipendiums in NY ausgeliehen hatte. Der Graue ist ein klassischer Portraithintergrund der auf vielen berühmten Fotos zu sehen war -  Annie Leibowitz verwendet den z.B. gern und häufig; sowohl Serena Williams, als auch Demi Moore fanden sich vor dem creamy gray wieder, beide schwanger und nackt. Beide Portraits von Leibowitz haben zur Erscheinung Skandale ausgelöst.  Was meine Serie der Studio Settings anbelangt, in der ich mich auf die Hintergrundsettings in kommerziellen Fotostudios konzentriere, die für Portraitaufnahmen aller Art gemacht werden, fand ich es hier naheliegend den Hintergrund mal zur Protagonistin zu machen. Ihn zu feiern und nochmal zu unterlegen mit Sarahs erstem Auftragswerk, einem kitschigen Himmel, der mir in verschiedenen Studios immer wieder begegnet.

CH Im Interview zu Deiner gerade veröffentlichten Installation „Set“ (Lisa /Fotosniper Tripod/Diorama  Bacckdrop, A.M.N.H. NY /Priska´s  Hand/Silicone Camera Case Carmouflage/Photographic Material) in Melanie Ohnemus´ space 20 20 sagst Du, dass es sich bei den Arbeiten nur vordergründig um Studiosettings dreht. Es interessiert Dich vor allem das Angewandte an der Fotografie, wie das Surrounding für die Portrait- und Passfotografie mitschwingt und dass in den Settings oft in nur kurzer Zeit eine Beziehung aufgebaut werden muss. Die Studiosettings sind also ein Vehikel für Deine Untersuchung zur angewandten Fotografie?

YH So könnte man das sagen. Was als Fingerübung begann, wurde mir über die Jahre eine wichtige Analyse zum „In Beziehung gehen“ über die Kamera/ den Apparat. Das Verbindung herstellen und das Miteinander ist mir sehr wichtig an der Portraitfotografie und die Art und Weise, wie unterschiedlich das stattfindet; auch wenn die Zeit in den Straßenstudios oft knapp ist, und wie es doch immer wieder Parallelen zu meiner Arbeitsweise gibt, hat mich sehr berührt und interessiert mich. Es schwingt als Stimmung in der Arbeit mit, die ja sonst ohne Personen auskommt.

CH  Anfang des 20. Jahrhundert, als die Kameras groß, wenig mobil und  die Ausarbeitung kompliziert war, unterschieden sich die einzelnen Fotograf*innen nicht durch ihre Bildsprache, sondern vor allem durch ihre Props- und Hintergründe- die im übrigen allesamt gemalt waren, wie die Oliphants. Warum hast Du genau diese Oliphants aus dem Rental geholt und wie ging es dir mit diesen Backdrops im Studio?

YH Diese beiden habe ich eben wegen der Information die sie tragen ausgesucht; also einerseits den ersten - und sehr auffälligen mit Wolkenmotiv- den Sarah produziert hat, der mittlerweile zwar als Kitsch gilt, aber in der Mode z.B. in den letzten Jahren öfters auftaucht und andererseits einen dezenten Klassiker der über die Jahrzehnte immer wieder verwendet wird und offensichtlich eine gewisse Würde vermitteln soll, vielleicht auch eine Position unterstreichen und stärken soll.

CH Deine Fotos der Oliphantbackdrops sind im White Paper Museum auch wieder nur geklammert. Warum fixierst Du niemals etwas dauerhaft in Deinen Assemblagen? Hat es etwas mit dem Arbeiten an einem Foto/Filmset zu tun? Bei fotografischen Aufnahmen muss meistens improvisiert werden, etwas existiert nur für den Moment des Fotografierens, danach verschwindet es wieder.

YH Das Set, der Aufbau, dessen Vergänglichkeit interessiert mich - mir geht es aber auch darum mit der Reproduzierbarkeit, die die Fotografie als Medium irgendwie fixiert, zu spielen. Die Fotografie ist fast immer meine Ausgangsbasis, aber die Arbeit am Ende ist oft eine Assemblage aus mehreren Schichten in der die Fotos immer nur Teile der Arbeit ausmachen, neu arrangiert und so in einen anderen Kontext gesetzt werden können.

Wien im Juli 2023, Yasmina Haddad im Interview mit Caroline Heider